Universität KonstanzExzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“

Journal No. 1 – an Artist’s Impression

27. Juni 2008

Vortrag von Hito Steyerl anlässlich der Eröffnung ihrer Ausstellung in der Galerie Der Schwarze Punkt

Einführung Prof. Dr. Jurij Murašov

Dr. Hito Steyerl, Videokünstlerin und Autorin, ist zurzeit Gastprofessorin für Medienkunst an der Universität der Künste Berlin.

Zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Sarajewo das Film-Journal No. 1 veröffentlicht, vier Jahre nach dem Ende des kommunistischen Blocks ging diese Wochenschau, die nur auf Nitrofilm überliefert wurde, in den Wirren des Jugoslawienkriegs verloren. Hito Steyerl versucht in Journal No. 1 – An artist’s impression, herauszufinden, was auf diesem Filmdokument aus dem Sutjeska-Studio von Sarajewo zu sehen war.

Sie lässt dazu Augenzeuginnen und Augenzeugen sprechen, und den Künstler Arman Kulasic nach ihren Angaben mehrere Zeichnungen anfertigen, die wie Storyboards zu einem verlorenen Film wirken. In der Parallelprojektion von Journal No. 1 – An artist’s impression wird das Unerreichbare eines historischen Nullpunkts der nationalen Identität konkret: Was in der Rückschau als Moment des Aufbruchs erscheint (die Wochenschau handelte von einer Alphabetisierungskampagne, die muslimischen Frauen nahmen selbstbewusst ihren Kopftücher ab, das kommunistische Jugoslawien unter Tito feiert in seinen frühen Filmen eine Modernisierung durch Bildung), bleibt unter dem Vorbehalt der subjektiven Erinnerung.

Stattdessen gewinnt der Zeichner, der doch eigentlich nur als „Medium“ für die Stimmen aus dem Off dienen sollten, selbst eine Stimme: Er war auch von den ethnischen Säuberungen im Jugoslawienkrieg betroffen. Spielfilmbilder des Sutjeska-Studios (den antifaschistischen Walter rettet Sarajewo oder Erinnerst du dich an Dolly Bell? von Emir Kusturica) setzt Hito Steyerl dort ein, wo das dokumentarische Bild fehlt, ohne jemals auf eine komplette Rekonstruktion zu zielen: Das multiethnische Jugoslawien bleibt historisch wie filmhistorisch ein Fragment, ein Land zwischen den Bildern. (Bert Rebhandl)

Die Galerie Der Schwarze Punkt (G.D.S.P.) ist eine konzeptionell-imaginierte und temporäre Galerie des Künstlers Davor Ljubicic, die ihren realen Raum in diesem Jahr wieder im Gewölbekeller des Kulturzentrums am Münster in Konstanz findet. G.D.S.P. geht in der Realisierung der diesjährigen Ausstellung von Hito Steyerl eine neue Zusammenarbeit mit dem Excellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ der Universität Konstanz ein.

Ein Cocktail „Der schwarze Punkt“, kreiert von Anselm Venedey, wird zur Eröffnung serviert.

27. 06. 2008, 21 Uhr
Foyer des Kulturzentrums am Münster, Wessenbergstr. 39, Konstanz

Ausstellung

28.6.-27.7.2008
im Gewölbekeller des Kulturzentrums am Münster, Wessenbergstr. 39, Konstanz

Informationen

Galerie Der Schwarze Punkt
Davor Ljubicic


Dateien:
Steyerl-Plakat.pdf587 Ki